Iliotibiale Bandbeschwerden (ITB): Strukturierte Trainingstherapie statt Foam-Rolling!
Das „Rollen“ auf einem Foam Roller führt zu keiner Veränderungen der Flexibilität, die länger als einige Minuten andauert und die Schmerzlinderung, die beim „Rollen“ auftritt, ist wahrscheinlich mit einer vorübergehenden zentralen Schmerzmodulation zu erklären. „Verklebungen“ oder Myofaszien werden durch Foam-Rolling nicht „gelöst“ oder „aufgebrochen“. (Aboodarda et al. 2015, Wiewelhove et al. 2019, Chaudhry et al. 2008, Fairclough et al. 2007)
„Da es sich bei ITB-Schmerzen um eine Kompressionsproblematik handelt, ist es wenig sinnvoll, das laterale Knie noch weiter zu komprimieren.“
Strukturierte Trainingstherapie statt Foam-Rolling!
Statt Foam-Rolling sollte man gezielt laufspezifische Belastungen anvisieren. Während eines typischen Laufs erfahren anatomische Strukturen a) hohe Spitzenbelastungen; b) mit hoher Energiespeicherung und -freisetzung; c) in einer stark kumulativen Weise (Abbildung, Wily & Meira 2016). Alle drei dieser Belastungskomponenten sollten bei der Rehabilitation berücksichtigt werden: Spitzenbelastungen werden mit schwerem, langsamen Widerstandstraining angegangen (HSRT), die Anforderungen an die Energiespeicherung und –freisetzung mit plyometrischem Training und die kumulative Belastung durch ein abgestuftes Graded Return-to-Run-Programm. Rehabilitationsprogramme sollten sorgfältig berücksichtigen, dass das ITB während des Laufens unter zunehmende Belastung gerät, wenn die Hüftadduktion zunimmt und die Schrittbreite sich verengt (Hamill et al. 2008, Heiderscheit et al. 2011). Das Knie-Varus-Moment steigt mit der Abnahme der Schrittbreite und erhöht ebenfalls die ITB-Belastung (Fetto et al. 2002). Schließlich dient das ITB als massiver Energiespeicher- und Freisetzungsmechanismus, insbesondere in der terminalen Standbeinphase, wenn die Hüftextension exzentrisch mit der Kniebeugung gekoppelt ist.
PHASE 1
Schmerzdominante Phase
- Laufen reduzieren/stoppen
- Laufband-Gehen mit Steigung (8-10°, Knie-Varus-Moment? und mehr Knieflex. bei Initialkontakt, geringere Energiespeicherung- und Freigabe in Tractus).
- Fahrradergometer mit niedrigem Sitz (< 30° Knieflex.: Impingement-Zone vermeiden).
- progressive ITB- und Hüftbelastung ohne Schwerkraft: Thomas-Dehnung, einbeiniges Bridging, Training der Hüftabduktoren (un-loaded, Schmerz max. 2/10).
- Dosierung: Multiple Sätze isometrischer Belastungen (10 Wh. oder weniger, Ziel: Annäherung an muskuläres Versagen).
PHASE 2
Lastdominante Phase (Stadien 2-5) Stadium 2
Wechsel in lastdominante Phase, wenn Treppabsteigen schmerzfrei möglich
- Heavy Slow Resistance Training (HSRT), konz.-exz., 6 sec. pro Wh.), Aufbau von Belastungs-toleranz, z.B. Split-Squat-Progression. Beginn: 3x 10-12 Wh. ohne Zusatzgewicht, hin zu 4x 6-8 Wh. mit Gewicht.
- Im Stadium 2: 3x/Woche mit 3-7 Einheit Laufband-Gehen mit Steigung/Woche.
Stadium 3
- Fortführung HSRT
- Plyometrie (z.B. laterale Skater-Sprünge gegen Bandzug).
- Fortführen Laufband-Gehen mit Steigung
- Meist nur Übergangsphase von ca. 1 Woche.
Stadium 4
- Laufband-Laufen mit geringer Steigung (5°), Progression zu flach, nicht abwärts oder im Gelände (dort schmalere Schrittbreite mit höherer ITB-Belastung).
- Evtl. Lauf-Umschulung, z.B. etwas höhere Schrittfrequenz (+5-10%, dadurch größere Schrittbreite, weniger Hüftadduktion und stärkere Knieflexion beim Fußkontakt, insg. geringe ITB-Belastungen, Boyer & Derrick 2015).
- Andere Optionen: Hüftadduktion beim Laufen reduzieren o. Schrittbreite erhöhen.
- HSRT fortführen
- Plyometrie reduzieren
Stadium 5
- Zunahme des Laufvolumens
- Abwärtsläufe und Geländeläufe integrieren (anfänglich nicht zusammen)
- HSRT fortführen, z.B. Split-Squat 1x Woche, wenn gleichzeitig der Laufumfang steigt.
Literaturangaben
Primärquelle: Willy (2019) Iliotibial Band Pain In The Runner Part1-2.